Richtiges Verhalten im Schadenfall – Haftpflichtversicherung
Dieser Beitrag soll Sie für den Fall unterstützen, dass Sie einen beruflichen oder privaten Haftpflichtschaden haben und wissen möchten, wie Sie sich richtig zu verhalten haben. Diese Verhaltensregeln beziehen sich grundsätzlich auf jeden Typus einer Haftpflichtversicherung und ist vollkommen unabhängig davon, bei welchem Haftpflichtversicherer Versicherungsschutz besteht. Die nachfolgenden Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dienen nur dazu eine Erstorientierung für den Schadenfall zu geben.
1. Allgemeines
Hat der Versicherte durch ein schuldhaftes Verhalten aus beruflicher Tätigkeit heraus, oder als Privatperson, einen Schaden verursacht, muss er alles unternehmen, um die Auswirkungen des Schadens abzuwenden bzw. zu schmälern.
Hierzu sind gegenüber dem Versicherer sogenannte Obliegenheiten zu erfüllen, die in den „Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung“ (AHB) aufgeführt werden; ein fester Bestandteil aller Haftpflichtversicherungen.
2. Schadenfall
Jeder Versicherungsfall ist dem Versicherer unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche, schriftlich anzuzeigen. Macht der Geschädigte von sich aus einen Anspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend, so gilt das gleiche.
3. Schadenermittlung – Informationen an den Versicherer
Die Schadenbearbeitung durch den Versicherer setzt folgendes voraus:
- Eine vollständige Unterrichtung des Versicherers
- Eine wahrheitsgemäße und ausführliche Darstellung des Schadenfalles
- Eine Zusendung aller zur Beurteilung des Schadenfalles relevanten Unterlagen
Der Versicherte ist demnach verpflichtet, unter Beachtung der Weisungen des Versicherers nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen und alles zu unternehmen, was zur Klarstellung des Schadenfalls dient, sofern ihm dabei nichts Unzumutbares aufgebürdet wird.
Er hat den Versicherer bei der gerechtfertigten Abwehr des Schadens sowie bei der Schadenermittlung und -regulierung zu unterstützen, ihm ausführliche und wahrheitsgemäße Schadenberichte beizubringen, alle Tatumstände, welche auf den Schadenfall Bezug haben, mitzuteilen und alle nach Ansicht des Versicherers für die Beurteilung des Schadenfalls erheblichen Schriftstücke einzusenden.
4. Ein Geschädigter erhebt einen Regressanspruch gegen Sie
Bitte teilen Sie dem Versicherer innerhalb einer Woche nach Anspruchserhebung diesen Umstand mit.
5. Ein Geschädigter geht sofort gerichtlich gegen Sie vor
Wird gegen den Versicherten ein Anspruch gerichtlich geltend gemacht, eine Prozesskostenhilfe beantragt oder wird ihm gerichtlich der Streit verkündet, so hat er dies unverzüglich (sofort) dem Versicherer mitzuteilen, auch wenn bereits eine Schadenmitteilung erfolgte. Das gleiche gilt im Falle eines Arrestes, einer einstweiligen Verfügung, Mahnbescheides oder eines Beweissicherungsverfahrens.
Die sofortige Meldung an den Versicherer ist deswegen so geregelt, weil mit der Einleitung gerichtlicher Schritte meistens Fristen gesetzt werden, die zur Vermeidung eines noch größeren Schadens einzuhalten sind. Bewahren Sie hierfür alle Schreiben und Briefkuverts der Anspruchsteller auf.
6. Ein strafrechtliches Verfahren wird gegen Sie eingeleitet
Strafrechtliche Ermittlungsverfahren sind dem Versicherer umgehend (sofort) mitzuteilen, auch wenn der Schadenfall als solches bereits angezeigt wurde. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren können darüber hinaus durchaus „Vorläufer“ von weitergehenden Haftpflichtansprüchen sein.
7. Erteilen Sie dem vom Versicherer genannten Anwalt Vollmacht
Der Versicherer kann Sie bei einer Prozessführung durch die Beauftragung eines versierten Anwaltes unterstützen, und ist dem Versicherer zu überlassen. Der Rechtsanwalt muss dazu vom Versicherten eine Vollmacht und die notwendige Aufklärung erhalten.
8. Vermeiden Sie eine Anerkennung von Schadensersatzansprüchen oder Schadenersatzleistungen
Wir empfehlen ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch ganz oder zum Teil oder vergleichsweise nur anzuerkennen oder zu befriedigen (Anerkennungsverbot), wenn dies zuvor mit dem Versicherer verbindlich abgeklärt wurde. Bei Zuwiderhandlungen könnte der Versicherer sonst von der vollständigen Leistungspflicht je nach Schwere des Verschuldens frei sein.
Sagen Sie einem – unter Umständen nur vermeintlich – Geschädigtem, das Sie den Schaden an Ihren Versicherer zur Stellungnahme sofort weiterleiten. Der Versicherer wird dann bei gesetzlich gerechtfertigten Sachverhalten die Ansprüche bedingungsgemäß ganz oder teilweise befriedigen, oder ungerechtfertigte Ansprüche ablehnen – diese ggf. auch gerichtlich (Abwehrfunktion).
9. Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung dieser Regeln
Wird eine der zuvor genannten Obliegenheiten oder eine andere im oder nach dem Versicherungsfall zu erfüllende Obliegenheit verletzt, verliert der Versicherungsnehmer bzw. Versicherte je nach dem Schweregrad der Versäumnisse unter Umständen ganz oder teilweise seinen Versicherungsschutz. Es sei denn, er hat die Obliegenheit weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt. Bei grob fahrlässiger Verletzung behält der Versicherungsnehmer dann seinen Versicherungsschutz, wenn die Verletzung auf die Regulierung des Schadens keinen nachhaltigen Einfluss hat.
10. Schweigepflichtsentbindungserklärung
Bitte fordern Sie eine Schweigepflichtsentbindungserklärung von Ihrem Patienten an, wenn Patientenunterlagen an den Rechtsanwalt des Patienten und/oder an Ihre Berufshaftpflichtversicherung herauszugeben sind.
Lothar J. Riesterer
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